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Nicole Fischer - Expertin für Lernen und Familie

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In meinem Blog schreibe ich über die Themen Schule, Lernen und Familie. Sieh dich gern um. Über Kommentare und Anmerkungen freue ich mich!

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2024-10-18

Homeschooling - Tipps und Tricks

Homeschooling und Wechselunterricht – Worte bei denen viele mittlerweile die Augen verdrehen.

War es vor einem Jahr kurzzeitig vielleicht sogar noch ganz spannend, das Lernen nach Zuhause zu verlagern, zeigten sich doch schnell die Probleme. Mittlerweile liegen viele Nerven blank, vor allem, wenn Eltern mehr als ein Kind haben, selbst im Homeoffice sind oder kein Haus mit vielen Zimmern und riesigem Garten zur Verfügung haben.

Vermutlich bist du mittlerweile Homeschooling-Profi, doch vielleicht ist ja der eine oder andere Tipp aus meiner Liste für dich und deine Kinder hilfreich – das würde mich sehr freuen!

Tipp 1:

Struktur ist (fast) alles!
Es ist natürlich wahnsinnig verlockend, lange zu schlafen, anschließend erst in Ruhe das Handy zu checken, das Playstation-Spiel noch ein bisschen weiter zu zocken (das Level ist ja bald geschafft) und sich dann mal irgendwann an die Arbeit zu machen – jedenfalls bis kurz darauf der Hunger kommt und erstmal ganz dringend etwas zu essen her muss (auch jüngere Kinder sind bekanntermaßen sehr kreativ darin, alle möglichen Aktivitäten zu finden, die dringend vor dem Schulzeugs erledigt werden müssen …).

Daher ganz wichtig: Mach deinem Kind klar, dass es sich beim Homeschooling nicht um Ferien oder eine freiwillige Aktion handelt. Vereinbart eine feste Aufstehzeit und einen festen Lernbeginn. Ein gemeinsam erstellter Stundenplan ist hier sehr nützlich! Auch wenn du das alles schon längst gemacht hast – überprüfe regelmäßig, ob sich alle noch an die Vereinbarungen halten. Im Alltag schleicht sich oft klammheimlich der Schlendrian ein, das ist ganz normal.

Tipp 2:

„Mit nem Löffelchen voll Zucker …“
Nein, natürlich sollst du dein Kind nicht mit Zucker abfüllen. Aber kleine Belohnungen wirken oft Wunder! Auch wenn es einige Kritiker der so genannten „Bonbon-Pädagogik“ gibt, so halte ich sie in diesen Ausnahmezeiten für absolut gerechtfertig. Die schönen alten Belohnungspläne sind hier ein gutes Beispiel: Für jeden Homeschooling-Tag an dem alles gut gelaufen ist, gibt es einen Aufkleber. Sind eine gewisse Anzahl Aufkleber gesammelt, bekommt das Kind eine kleine Belohnung. Das muss nichts Materielles und auch nichts Süßes sein – eine Stunde offizielle „Allein-Zeit“ mit Mama oder Papa oder ein Filmabend mit dem Lieblingsfilm sind auch sehr wertvolle Geschenke – besonders in hektischen Zeiten.

Diese Pläne lassen sich auch wunderbar auf andere Bereiche übertragen. So kann es zum Beispiel auch einen Aufkleber geben, wenn Mama oder Papa bei der Videokonferenz nicht – oder nur im absoluten Nofall – gestört wurden. Wie bei allem gilt jedoch auch hier: Nicht übertreiben, die Aufkleber sollen etwas Besonderes bleiben! Und noch ganz wichtig: Führe den Plan konsequent und löse Belohnungen zeitnah ein, so fühlt sich dein Kind wertgeschätzt und ernst genommen.

Tipp 3:

Irgendwann ist auch mal gut!
Du wirst es sicher längst gemerkt haben: Das Pensum aus der Schule ist im Homeschooling nicht einzuhalten, dafür sind die Gegebenheiten viel zu unterschiedlich. Außerdem bist du nun mal vermutlich keine ausgebildete Lehrkraft (und glaube mir – denen geht es beim Homeschooling nicht viel besser als dir). Daher ist es in dieser Zeit, die vor allem auch die Kinder viel Kraft kostet, wichtiger denn je, dass wir sehr darauf achten, sie nicht zu überfordern. Ich habe Schülerinnen und Schüler in der Lerntherapie, die während des Homeschoolings regelrecht aufgeblüht sind und große Fortschritte gemacht haben, weil sie das erste Mal in ihrem Tempo lernen konnten. Das kann ein ganz großer Vorteil sein!

Auf der anderen Seite sind da jedoch die Kinder und Jugendlichen, die mit dieser Form des Unterrichts ganz große Probleme haben. Sie fühlen sich überfordert von der Fülle an Aufgaben, die manche Lehrer ohne Rücksicht auf die besondere Situation verteilen. Eine meiner Schülerinnen aus der siebten Klasse arbeitete bis zu acht Zeitstunden am Tag, um alles irgendwie zu schaffen – dementsprechend schlecht ging es ihr nach kurzer Zeit.

Daher: Lasse dein Kind regelmäßig Pausen machen! Einmal die Straße hinauf und hinunter laufen, ein paar Minuten im Garten toben, ausreichend trinken (am besten Wasser oder verdünnte Fruchtsäfte). Danach geht die Arbeit gleich viel besser von der Hand.

Ganz wichtig: Achte darauf, dass dein Kind nicht zu lange vor den Aufgaben sitzt. Plant zusammen für jedes Fach eine bestimmte Zeit ein, die auch nicht – oder nur in Maßen – überschritten werden sollte. Merkst du, dass dein Kind unverhältnismäßig lange mit den Aufgaben und Lerninhalten zu tun hat, dann sprich seine Lehrerin oder seinen Lehrer an. Oft ist es für diese gar nicht so einfach, das richtige Maß zu finden und viele sind dankbar für Rückmeldungen.

Tipp 4:

Kontrolle ist gut, Gelassenheit ist besser!
Der Aufsatz deiner Tochter ist nicht wirklich toll formuliert? Dein Sohn kommt mit den Matheaufgaben nicht so gut klar? Nie war es verlockender als im Moment, selbst zum Stift zu greifen und mal eben den Aufsatz „richtig“ zu schreiben oder die Rechenaufgaben ratzfatz selbst zu lösen. Ganz ehrlich: Ich finde, ein bisschen Hilfe ist erlaubt. Allerdings gilt auch hier: Alles in Maßen! Wer seinem Kind zu viel abnimmt, macht ihm nur scheinbar das Leben leichter - die nächste Klassenarbeit muss es nämlich wieder allein schreiben. Wenn du deinem Kind helfen willst, dann sprecht über die Aufgaben. Lasse dir von ihm erklären, was es machen soll und wie es die Aufgabe verstanden hat. So siehst du am besten, was schon sitzt und wo es vielleicht noch hapert.

Ganz wichtig: Bitte schaue deinem Kind nicht bei jedem Strich über die Schulter. In der Schule bist du ja auch nicht dabei. Es ist wichtig, dass dein Kind lernt, eigenverantwortlich zu arbeiten. Wenn mal eine Aufgabe nicht richtig oder unvollständig ist oder dein Kind etwas vergessen hat, dann geht die Welt davon nicht unter!

Tipp 5:

Lass mal zocken …
… oder besser nicht. 😉 Laut der neuesten Ifo-Studie vom April diesen Jahres verbringen die Schülerinnen und Schüler durchschnittlich 4,6 Stunden täglich an PC, Handy, Fernseher, Konsole etc. Natürlich gibt es auch Kinder, die viel weniger Zeit damit verbringen – dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch, dass ein Teil der Kinder noch viel mehr Zeit „verdaddelt“, damit dieser Durchschnittswert erreicht wird.

Es ist kein großes Geheimnis mehr: Zu viel Zeit an Handy, Konsole und Co. ist für Kinder und Jugendliche schädlich (je jünger das Kind desto schlechter für die Entwicklung). Elektronische Medien sind Konzentrationskiller Nummer eins und dafür verantwortlich, dass Kinder sich heute viel zu wenig bewegen.

Natürlich ist mir völlig klar, dass es extrem schwierig ist, Kinder und Jugendliche derzeit von diesen Medien fernzuhalten – sind doch viele andere Beschäftigungen, wie das Treffen mit Freunden, derzeit nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Außerdem stehen Eltern extrem unter Stress, so dass es manchmal auch einfach sehr hilfreich ist, wenn die Kinder beschäftigt sind. Und trotzdem: Es liegt in der Verantwortung der Erwachsenen, hier die auf die Bremse zu treten.

Daher: Achte bewusst darauf, wie viel Zeit dein Kind an Handy, Konsole und Co. verbringt. Legt zusammen eine Medienzeit fest und achte darauf, dass sich alle daran halten. Selbstverständlich kann es auch mal „Ausnahmsweise-Tage“ geben – aber eben nur: ausnahmsweise!

(Zu diesem Thema habe ich einen ausführlichen Blogbeitrag mit Tipps für einen verantwortungsvollen Umgang mit elektronischen Medien verfasst „Im Netz gefangen“? Du findest ihn hier auf dem Blog.)

Tipp 6:

Und wenn gar nichts mehr geht?
Mama sitzt in der Videokonferenz, Papa versucht per Whatsapp mit dem Kollegen zu kommunizieren, während er das Kleinkind füttert, das das Kartoffelpürree aber lieber über den Tisch spuckt. Das mittlere Kind brüllt das älteste an, das dann noch etwas lauter zurück brüllt. Das Telefon klingelt.

Du kennst so eine Situation? Und du willst dann nur noch schreien? Dann tu es! Oder besser: Tut es zusammen! Klingt komisch, hilft aber wirklich: Solange ihr kein alleinstehendes Haus inmitten eines Waldes oder auf einer Hallig habt, braucht ihr für jeden nur ein Kissen. Kissen schnappen, tief Luft holen und dann den ganzen Frust ins Kissen schreien. Brüllt alles raus! Als mein Sohn klein war, habe ich das öfter mit ihm gemacht und meistens endete es mit einem gemeinsamen Lachanfall. Aber es ist herrlich befreiend!

Dein Kind hat schlechte Laune, keine Lust auf Lernen, es wird bockig und du merkst, wie dir gleich der Geduldsfaden reißt? Lass es nicht dazu kommen, mache etwas Paradoxes, etwas, mit dem dein Kind nicht rechnet. Fange zum Beispiel einfach mal laut an zu lachen. Nicht so, dass dein Kind sich ausgelacht fühlt, schaue woanders hin und lache aus vollem Halse. Das wird dein Kind irritieren und es aus seiner derzeitigen Stimmung reißen. Auch das ist ein von mir erprobtes Mittel. Mein Sohn wollte dann immer erst noch wütig bleiben, doch lange ging das nicht, weil er dann auch lachen musste. Danach waren wir beide deutlich entspannter und konnten wieder miteinander reden. Ganz klar: Wenn dein Kind echten Kummer hat, ist das natürlich keine Option. Aber wenn sich die Situation hochschaukelt, kann diese Methode helfen, wieder zu einer entspannteren Atmosphäre zu kommen.

Überhaupt sind kleine überraschende Momente ganz toll geeignet, um ein wenig Abwechslung in den Pandemie-Alltag zu bekommen. „Nö, du machst jetzt keine Hausaufgaben, wir backen jetzt Muffins, dafür helfe ich dir nachher!“ oder „Immer am Esstisch essen? Ich hätte heute mal Lust auf Picknick auf dem Wohnzimmerboden!“ So etwas in der Art, natürlich passend zu dir und deiner Familie, reißt deine Familie und dich aus der Routine und mit relativ wenig Aufwand entsteht ein kleines „Alltagsabenteuer“.

Ich würde mich sehr freuen, wenn die eine oder andere Anregung ein paar hilfreiche Impulse in deinen Pandemie-Homeschooling-Wechselunterrichtsalltag bringen konnte.

Im nächsten Post möchte ich dir ein paar Entspannungstechniken für dich und dein Kind an die Hand geben - denn selten war Selbstfürsorge so wichtig wie im Moment.

Admin - 11:26:46 | Kommentar hinzufügen

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