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Nicole Fischer - Expertin für Lernen und Familie

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In meinem Blog schreibe ich über die Themen Schule, Lernen und Familie. Sieh dich gern um. Über Kommentare und Anmerkungen freue ich mich!

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2024-10-18

Vom Gackern und von Hausaufgaben-Losen

Die Frage, die mir am häufigsten in Elterngesprächen gestellt wird, ist: „Wie kann ich mein Kind nur dazu motivieren, Zuhause mehr (oder überhaupt etwas) für die Schule zu tun?“

Dass unser Schulsystem eher dazu geeignet ist zu frustrieren als zu motivieren, haben wir ja schon festgestellt. Auch wenn ich eigentlich ein sehr optimistischer Mensch bin, so denke ich, dass sich daran so bald nichts ändern wird. Auch wenn man hin und wieder durchaus positive Signale erkennen kann, so reichen diese bei weitem nicht, um eine grundlegende Änderung herbeizuführen. 

Gut, dass es Eltern gibt… ;-) Denn im häuslichen Rahmen lässt sich viel tun, um die Motivation der Kinder zu wecken und zu erhalten. Es folgen ein paar Anregungen, vielleicht ist ja für den einen oder anderen etwas Nützliches dabei:

Im letzten Artikel bin ich ja schon darauf eingegangen, dass es sehr hilfreich sein kann, dem Kind zu zeigen, was es schon kann, statt immer nur auf die Fehler hinzuweisen. Viele Kinder sind gar nicht mehr in der Lage, ihre Leistungen überhaupt zu erkennen, geschweige denn anzuerkennen. Daher: Egal ob Diktat oder Mathearbeit – schaue dir mit deinem Kind bewusst das an, was es      richtig gemacht hat und lobe es dafür. Das stärkt das Selbstbewusstsein und ist auch für dich hilfreich, da du siehst: Auch wenn      es Probleme gibt, da ist doch schon sehr vieles, was dein Kind kann.

Besonders, wenn ein Kind Schwierigkeiten in der Schule hat, führt an regelmäßigem Üben leider kein Weg vorbei. Dass da kein Kind vor Freude jubelt, ist klar. Wer beschäftigt sich schon gern freiwillig mit etwas, das er nicht gern macht? Hier können die guten alten Belohnungspläne sehr hilfreich sein. Hat das Kind das Übungspensum erfüllt, wird ein Aufkleber, Smiley oder was auch immer in den Kalender oder den Plan, den man wunderbar zusammen basteln kann,  geklebt. Sind zehn davon gesammelt, gibt es eine kleine Belohnung. Das muss nichts Materielles sein - ein gemeinsamer Besuch im Schwimmbad oder der Stadtbummel wirken auch      ungeheuer motivierend. Wann es welche Belohnung gibt, wird vorher mit dem Kind ausgehandelt und vielleicht sogar in einem Vertrag, den alle Beteiligten unterschreiben, festgehalten. Ganz wichtig: Als Erwachsener gilt es, diesen Plan konsequent zu führen und Belohnungen wirklich zeitnah einzulösen - nur dann kann er Erfolg haben, da das Kind sich dann ernst genommen und seine Anstrengungen gewürdigt sieht. (Belohnungspläne sind in der letzten Zeit in die Kritik geraten. Allerdings bin ich der Meinung, dass, solange die intrinsische Motivation noch nicht ausreicht, ruhig ein wenig extrinsisch nachgeholfen werden darf.)

Als ich einen meiner Schüler gestern fragte, was er denn noch vorhabe, bekam ich die Antwort: “Ich muss noch Deutsch, Englisch, Geschichte und Französisch machen und für mein Referat üben. Blöde, mistige Dreckshausaufgaben!” Ich denke, damit sprach er vielen Schülern (und auch Eltern) aus der Seele… Gerade, wenn sich die Hausaufgaben aus verschiedenen Fächern häufen, scheint der Hausaufgabenberg unüberwindbar zu sein. Für so einen Fall habe ich mir die Los-Technik einfallen lassen, die die Kinder zum großen Teil auch noch in höheren Klassen begeistert anwenden: Ein Blatt Papier wird in Streifen geschnitten. Auf jeden Streifen schreibt das Kind nun eine Aufgabe, die erledigt werden muss, entweder die einzelnen Fächer (Mathe / Deutsch / Physik…) oder aber noch weiter unterteilt (1×6 üben / Mathebuch S. 12 / Text lesen üben / Buch S. 10 abschreiben…). Ist alles aufgeschrieben, werden die Zettel gefaltet und in einen Behälter gelegt. Nun zieht das Kind eines dieser Lose und bearbeitet die gezogene Aufgabe. Ist sie erledigt, wird das Los zerrissen und weggeschmissen und das nächste wird gezogen. Diese Methode hat mehrere Vorteile: Der scheinbar unüberschaubare Hausaufgaben-Wust wird strukturiert. Je weiter die Aufgaben unterteilt sind (Lesen / Schreiben / Anmalen statt einfach nur Deutsch), desto schneller sind die einzelnen Aufgaben erledigt und es darf wieder ein neues Los gezogen werden, was sehr motiviert. Und nicht zuletzt sehen die Kinder anhand der kleiner werdenden Menge an Losen, was sie alles schon geschafft haben. Man kann zusätzlich vereinbaren, dass nach einer bestimmten Anzahl von Losen eine Viertelstunde Pause gemacht oder ein Glas Wasser getrunken wird etc. Diese Technik lässt sich auch ganz prima auf andere Bereiche übertragen. Als mein Sohn noch klein war, haben wir so zum Beispiel die Wohnung geputzt: Wohnzimmer / Schlafzimmer / Küche… Macht definitiv mehr Spaß! 

Lernen und Lachen schließen sich übrigens keinesfalls aus - im Gegenteil! Manchmal gackern wir hier in der Lerntherapie, dass sich die Balken biegen! Man weiß heute, dass man sich an Gelerntes, das sich an positive Emotionen knüpft, viel besser erinnern kann. Hierzu gehört es auch, dass die Schüler sich geborgen und angenommen fühlen. Sitzt neben den Kindern ein Erwachsener, der nur genervt ist und ständig meckert, kann das den gegenteiligen Effekt haben.
Und bitte immer daran denken: Kein Kind ist schlecht in der Schule, um seine Eltern zu nerven oder zu bestrafen. Auch wenn es manchmal schwerfällt, nimm schlechte Leistungen deines Kindes nicht persönlich. Denn wie an anderer Stelle schon einmal erwähnt - kein Kind setzt sich hin und beschließt: Heute schreibe ich mal eine schlechte Arbeit! Es wird sein Bestes gegeben      haben. Sollte das deinen Maßstäben und denen der Schule nicht genügen, gilt es, an einer Lösung zu arbeiten. Aber bitte ohne Sprüche wie: “Nun stell’ dich mal nicht so an, das ist doch leicht!” Wenn es das wäre, gäbe es das Problem nicht. Und ganz ehrlich? Bei solchen Sprüchen würde ich meine Mitarbeit auch verweigern…

Noch ein Tipp zum Schluss: Lasse die Schule nicht übermächtig werden. Wenn die Schule jedes Gespräch dominiert, immer präsent ist, dann läuft etwas falsch. Natürlich ist Schule ein wichtiges Thema, doch sein Zuhause sollte für das Kind auch eine Insel sein, wo es sich geborgen fühlen und auftanken und wo es die Schule auch mal für eine Weile vergessen kann, um wieder Kraft zu      schöpfen. Neulich rief mich die Mutter einer meiner Schülerinnen an und berichtete total glücklich: “Nach langer Zeit sind meine Tochter und ich mal wieder in der Stadt shoppen gewesen. Wir haben gemütlich Kaffee getrunken und sind dann noch schwimmen gegangen. Einfach so, als Mutter und Tochter und die Schule haben wir mit keinem Wort erwähnt. Das war so schön!” Dem ist nichts hinzuzufügen…

Ich bedanke mich bei dir fürs Lesen und wie immer gilt: Ich freue mich sehr über Feedback, Kommentare, deine Erfahrungen. Und auch, wenn du Fragen hast, scheue dich nicht, mich anzuschreiben, entweder in den Kommentaren oder per Nachricht, wie immer höre ich mir auch gern Sprachnachrichten an.

Admin - 10:36:19 | Kommentar hinzufügen

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